Bridge als Sport

Bis an die Substanz – Bridge als moderner Turniersport

Als der berühmte Segler und America’s Cup-Gewinner Harold S. Vanderbilt 1925 das Regelwerk für das moderne Kontraktbridge zusammenstellte, konnte er noch nicht ahnen, was für einen Siegeszug das neue Spiel um die ganze Welt antreten würde. Gerade in den harten Zeiten der Rezession der 30er und der Nachkriegsphase der 50er gab es wahre Bridge-Booms in den USA. Ely Culbertson und Charles Goren nutzen diese, um sich ihre Bridge-Imperien aufzubauen. Sie unterrichteten landesweit, waren in Radio und Fernsehen präsent, organisierten Schaukämpfe und mobilisierten die Massen. Es gehörte einfach zum guten Ton Bridge zu spielen und außerdem war das Equipment (52 Spielkarten) günstig und leicht zu erstehen. Trotz wahrer Bridgekünstler wie die starken und teilweise spleenigen amerikanischen Stars oder die temperamentvollen Italiener des sog. Blue Teams, die zwischen 1955 und 1970 alles gewannen, was es zu gewinnen gab, verlor Bridge ein wenig an Popularität, denn andere Dinge wie Reisen und andere Hobbys holten auf und beeinflussten das Freizeitverhalten der Menschen.

Bridge und sein Image in Deutschland

In Deutschland wurde Bridge lange Zeit als elitär belächelt oder als Alter Damen-Sport abgetan. Man registrierte allenfalls noch, dass Omar Sharif nicht nur als Dr. Schiwago mit Herzen umgehen konnte, sondern auch am Bridgetisch äußerst erfolgreich war. In den Schlagzeilen war Bridge nur, wenn es um einen Streit mit Todesfolge beim Bridge oder einem Mord nach einem Bridgenachmittag ging. Bis, ja bis der Welt-Bridgeverband WBF Ende der 90er-Jahre die Anstrengung unternahm mit dem Internationalen Olympischen Komitee in Kontakt zu treten, um dafür zu plädieren, auch Denksportarten olympisch werden zu lassen. Bei dem damaligen IOC-Präsidenten Samaranch stießen die Bridgespieler auf offene Ohren und Bridge ist inzwischen Mitglied der „olympischen Familie“ und stellte sich bei der letzten Winterolympiade mit einem großen Schau-Turnier in Salt Lake City interessierten IOC-Mitgliedern vor.

Deutsche Erfolge

Deutschland hatte das Glück in allen Kategorien wie Schüler (bis 20), Junioren (bis 25), Studenten (bis 28), Senioren (ab 55), Mixed und Herren in den letzten 15 Jahren Europa- und Weltmeister stellen zu können. Das Aushängeschild des Verbandes aber ist das deutsche Damen-Team, das 1997 und 2001 Weltmeister wurde, seither kontinuierlich in der Weltspitze mitspielt und auch 2003 in Monte Carlo wieder nach dem Titel greift. Das noch recht junge Team wird dem Deutschen Bridge-Verband sicher auch in den nächsten Jahren noch etliche internationale Titel sichern und damit helfen, Bridge als Sport weiter zu popularisieren.

Live-Übertragungen im Internet

Im Zeitalter der Computertechnik werden inzwischen die wichtigsten Bridge-Meisterschaften live im Internet übertragen, so dass man auch daheim am Bildschirm mit seinen HeroInnen mitfiebern kann – egal, ob in Europa oder am anderen Ende der Welt gespielt wird.

Ein Sport, organisiert wie andere auch

Der Weltverband (WBF), der europäische Verband (EBL) sowie der Deutsche Bridge-Verband (DBV) haben jeweils auf ihrer Ebene dafür gesorgt, dass Bridge als Sport durchorganisiert ist wie alle anderen Sportarten auch. So gibt es Welt- und Europameisterschaften, Champions League, Länderkämpfe, nationaler Ligabetrieb von der 1. Bundesliga bis hinunter in die Bezirksligen sowie den Vereinspokal, der vergleichbar wie im Fußball im K.O.-System ausgetragen wird.

Gesunder Geist dank gesundem Körper

Bridge – ein Sport? Stundenlang Sitzen und Kartenspielen? Allerdings, denn Bridge als Leistungssport bedeutet oftmals, bis an die Substanz gehen zu müssen. Auf einer zweiwöchigen Europameisterschaft bspw. wird von den Spielern verlangt, teilweise bis zu zehn Stunden täglich voll konzentriert zur Sache zu gehen – eine harte Probe für Körper und Geist, bei der sich am Ende immer die Fittesten durchsetzen. Inzwischen eingeführte Doping-Proben verhindern zusätzlich, dass am Ende nicht der gewinnt, der die effektivsten Stimulanzien eingenommen hat, sondern der, bei dem logisches Denkvermögen, Gedächtnis, Konzentration und psychologisches Gespür - auch nach harten vierzehn Tagen noch - am besten funktionieren.

Glücksspiel – nein danke!

Und was ist mit purem Kartenglück? Gewinnt man nicht automatisch, wenn man immer die besten Karten bekommt? Fehlanzeige - beim Bridge wird nicht wie bei anderen Kartenspielen immer wieder neu gemischt. Die Kartenverteilungen bleiben erhalten, denn jeder Spieler gibt nach Beendigung eines Spiels seine dreizehn Karten zurück in ein sog. Board, das vier Taschen für 4x13 Karten bereithält. Nun geht das Spiel an einen anderen Tisch und am Ende wird verglichen, wer pro Spiel das beste Ergebnis erzielt hat.

Taschenspieler-Tricks?

Aber mit einem tiefen Blick in Partners Augen oder einem mehr oder weniger sanften Tritt unter dem Tisch ist doch sicherlich viel zu machen? Leider wird der Denksport-Kritiker auch hier wieder enttäuscht, denn auf allen internationalen Großveranstaltungen werden die Bridgetische ober- und unterhalb der Tischplatte durch sog. Screens diagonal in zwei Hälften geteilt. Man sitzt also mit einem Gegner zusammen und sieht vom Partner zunächst nichts, und später beim Spiel – dank einer niedrigen Klappenöffnung – auch nur maximal seine Hände. Alle Spieler genießen diesen Service, da sie dank dieser Screens auch einmal beim Nachdenken über den nächsten Spielzug die Stirn in Falten legen dürfen, ohne dem Partner sofort unerlaubte Informationen zukommen zu lassen.

Knisternde Spannung

Es ist schon eine besondere Atmosphäre, wenn man einen Bridge-Saal bei einem großen, internationalen Turnier betritt. Überall herrscht trotz der Menschenmenge konzentriertes Schweigen, das nur durch das Öffnen der Screenklappe unterbrochen wird, sich aber nach dem Turnierleiterruf zum Wechseln sofort in einen Stimmenorkan verwandelt, der dadurch entsteht, das ganz rasch – mehr oder weniger emotional – über die Spiele gesprochen wird und jeder seinen neuen Tisch und Gegner finden muss. Sitzen alle schließlich wieder, brechen die nächsten 16 Minuten der Stille an.

Haben Sie nun Lust auf die verrückte Welt des Bridgesports bekommen? Dann kommen Sie doch einfach einmal vorbei – illustre Reiseziele sind fast immer eine attraktive Zugabe!

Mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Bridgeverbandes